Freitag, 5. November 2010

Heute "Y Tu Mama Tambien"

Ab 19 Uhr ist heute im spuks wieder Vereinsabend mit einem Film (ab 20 Uhr) der Extraklasse: Y Tu Mamá Tambien (Regie: Alfonso Cuaron) handelt von zwei pubertierenden Jugendlichen (Tennoch und Julio), für die es nur zwei tagesfüllende Themen gibt: Sex und Drogen. Als sie auf einer Party die zehn Jahre ältere, attraktive und verheiratete Spanierin Luisa kennen lernen, beginnen ihre Hormone noch heftiger zu brodeln. Aus Jux bieten sie ihr eine Reise zum schönsten Badestrand Mexicos an, der aber nur in ihrer Fantasie existiert. Luisa, die gerade entdeckt hat, dass ihr Mann sie betrügt, willigt überraschend ein. Ein erotischer Road-Trip beginnt, in dessen Verlauf Luisa den beiden Grünschnäbeln eine Lektion in Sachen Liebe erteilt.
Soweit der Text, der auf der Rückseite der DVD zu lesen ist.
Y tu Mamá Tambien ist aber viel mehr als eine Teenager-Komödie. Ich möchte dazu noch eine Rezension zitieren, die dem wahren Film sehr nahe kommt:

Cuaron zeigt die Normalität von Jugendlichen in Mexiko, die der Ober- bzw. Mittelschicht angehören und die sich kaum von der von Jugendlichen in vielen anderen Ländern zu unterscheiden scheint. Das Leben ihrer Eltern ist Julio und Tenoch völlig egal; damit können sie nichts anfangen, auch wenn sie immer genug Geld haben, um ihre eigenen Wege zu gehen, um Drogen zu kaufen oder was sie sonst noch brauchen. Vielleicht ist es diese angepasste Normalität, die bei vielen Beurteilungen des Films Kritiker dazu verleitet hat, darin eine ganz banale Geschichte über Pubertätsentwicklung, wie sie weltweit millionenfach vorkommt – zumindest in den Ländern der nördlichen Hemisphäre –, zu sehen, als einen Weg zum Erwachsenwerden.

Doch dieser Eindruck täuscht. Sowohl die Geschichte von Julio, Tenoch und Luisa sowie die zahlreichen eingestreuten, im Stile von Fernsehnachrichten gehaltenen Berichte werden derart trocken-sachlich wiedergegeben, dass einem manchmal schaurig zumute wird.

Gerade die Sex-Szenen wirken wie der verzweifelte Versuch von Julio und Tenoch, die Lust am Leben im Höhepunkt zu finden, immer wieder, egal mit wem. Die Zeiten dazwischen sind geprägt von der Langeweile, Drogen und dem Warten auf die nächste Gelegenheit.

„Y tu mamá tambien“ – Lust for Life! – ein sozialkritischer Film? Ja, aber nicht in einem simplen Sinne von: Ihr kostet euer Leben mit Drugs Sex aus, während die armen Bauern...
Das Schicksal ist Thema des Films und zugleich auch nicht. Es trifft einerseits alle drei hart. Andererseits ist ihr Schicksal völlig bedeutungslos, denn auf was können sie zurückblicken? Luisa fragt sich, ob und wie lange sich irgend jemand an sie erinnern wird, wenn sie einmal tot ist. Doch auch diese Frage verklingt im Strom der Beliebigkeit wie ein unmerklicher Windhauch, der schon am nächsten Tag vergessen ist.

Maribel Verdu, Gael Garcia Bernal (der u.a. in Amores Perros zu sehen war) und Diego Luna machen im übrigen ihre Sache wirklich einmalig gut.

„Y tu mama tambien“ ist ein Film über eine Welt, die sich selbst genügsam, selbstgerecht geworden ist, in der die Frage nach irgendeinem Sinn, dem man seinem Leben gibt, oder nach dem Schicksal anderer verloren gegangen zu sein scheint wie ein Unwetter im heißen Sommer, das nächste Woche nicht mehr erinnert werden wird. „Y tu mamá también“ heißt Mit deiner Mutter auch, mit deiner Mutter habe ich auch geschlafen, und es kommt noch nicht einmal darauf an, ob dies wahr ist oder eine prahlerische Lüge; es zählt nur die Bedeutung dieses Satzes, dass es nämlich bedeutungslos geworden ist, ob es stimmt oder nicht.

Cuarón drehte einen ernsten, drastischen und zugleich humorvollen Film über eine langweilige Lebenswelt, der jeglicher Sinn abhanden gekommen ist – ohne Vorwürfe oder pädagogische Zeigefinger, aber mit viel sarkastischem Unterton und kritischer Würze. Niemand weiß mehr, worauf es im Leben ankommt. Niemand stellt sich überhaupt die Frage, worauf es ankommen könnte. Selbst der Tod wird angesichts dieser Situation bedeutungslos.

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